SA. 16.12.06 FINEST SELECTION + AUDIOFICTION

up: Finest Selection:
ELLEN ALLIEN (BPitch, Berlin) LARS CHRISTIAN MüLLER (Distillery, mindcookies) CHRIS MANURA (Ackerdub, 3000°, Distillery, Leipzig) ANDREAS ECKHARDT (Distillery, Leipzig)
down: This is Audiofiction:
TRAXX (Nation, Gigolo, Crème Organization, Chicago) MIKA (Audiofiction)

Start: 23:00 | add to Cal


Alltag gibt es nicht. Jedenfalls auf gar keinen Fall in der Welt einer Ellen Allien. Seit Ihren ersten Schritten im Leben, bastelt sie an einem Puzzle, dem noch viele Teile fehlen. Ellen aber steht nie still, weder privat noch beruflich, und macht vor allem eines: Musik leben. Sie füllt den Raum mit Sound, lässt Körper und Musik eins werden. Ihren Alben sind wie Tagebücher, ihre eigene Entwicklung geht Hand in Hand mit der des Techno. Ellen Allien ist Labelbetreiberin, Produzentin, Lebenskünstlerin, Fashionista und DJane.

Klar, dass man da auch mal eine Auszeit braucht. Zum Distillery Geburtstag hat es die Berlinerin leider völlig überrannt - sie wurde krank. Jetzt strotzt sie wieder vor Kraft und bringt nachträglich ihr Geburtstagsständchen für Euch in unsere heilige Hallen.

http://www.ellenallien.de
http://www.bpitchcontrol.de

Text: Mandy Engel


Dezember 1996: „Hey Rocco, läuft der Videorecorder jetzt endlich? Traxx fängt gleich an...“ fragte ich den Hausherrn des damals noch existierenden Object Dresden (feinster 90er-Technobunker mit Unterwasserbar). Diese Methode zum Mitschneiden eines Sets war in diesem Jahrzehnt noch gebräuchlich. Und es sollte sich lohnen, diesen Abend aufzunehmen. Denn was dann geschah, war ferner Raum und ferner Zeit.

Traxx stieg hinter die drei Technics und ich fand zurück auf die eine feine Tanzfläche, welche schon zugebastelt war mit allerlei bunten Technotieren und heftigst stapelnden Ravoletten. Diese waren leicht verwundert, dass es im House-Tempo weiterging und dass dieser DJ mehr Funk und Groove zugeschaltet hatte. Und wirklich, nach zehn bis 15 Minuten dickster House-Ansage, revoltierte die Mehrzahl der Gäste und nutzte ihr Veto-Recht („Haste keen Teschno?, mehr BPM..., HE? wie? ah doller ok.... usw.“). Daraufhin war Traxx am Zug und spielte ein Acapella, welches laut auf den Floor lachte. Jetzt kracht's gleich, dachte ich bei mir. Und die Meute wurde teils unwissend und unvermittelt hineingezogen in den geilsten Musiktrip des letzen Jahrhunderts.

Nach dem alle endlich mitlachten lief bereits Rush mit „You're Kinda Large“ unter einem Acapella, das laut proklamierte: „Clap Your Handz - Itz Partytime“. Jeden einzelnen im Klub niederschmetternd schraubte sich langsam „Keep On Jumpin“ (unbekannter mix) in die Mägen der Menge. Endgültig überzeugt wurden dann alle als Traxx mit Tinys Platten Techno servierte, und es wie ein einziges Wunschlied in die Dresdner Nacht schallte: Techno wie wir's noch nicht gehört haben.

Nach 4 Stunden Megaset mit Platten von einem anderen, spontan, flexibel und vor allem kreativ aufgedonnert, verstand keiner nix mehr und alle waren sich darin einig. Das war Bestleistung. Völlig verändert und entstört ließ ich mir nach dieser Nacht die Sonntagmorgensonne (Somoso!) schmecken. Wissend um die Tatsache, das ich meinen Körper und meine Seele verloren hatte. Verloren an die Musik. Genauer an das Gefühl einer echten Musik, die Traxx so himmlisch aufspielte. Seither haben wir uns nicht mehr aus den Augen verloren und Traxx wurde für mich und meine Freunde zum Inbegriff für die Sache. Die Sache, der wir alle unser Herzblut opferten und immer noch ergeben sind: echte Musik & echte Liebe.

Und eben diese Fakten ergänzt nur zu gut eine weitere Anekdote, diesmal aus dem Tagebuch der alten Dame Distillery: „Folgende Geschichte erzähle ich euch heute Abend...“ begann Traxx auf seinem Hotelzimmer in L.E. anno 2000 ebenfalls im Dezember und wir (u.a. Mase & Spunky) lauschten gespannt: „...es verschlägt uns heute in den New Yorker Underground-Club Body & Soul am Anfang der 90er, als man dort No Alcohol-Parties feierte und Djs wie Tee Scott und Ken Collier die Musik auftischten. Ich (Traxx) werde versuchen, euch wieder mit auf eine Reise nehmen, die uns gemeinsam an die Grenzen der Galaxis versetzt und den Begriff 'Party feiern' total aufbohrt und erweitert.“

Und fürwahr, es wurde erneut eine Safari durch weltfern (an nur zwei Plattenspielern) gemixte, bis dato für uns unbekannte Landschaften aus Musik. Nach 6! Stunden stand ich minutenlang mit Traxx Kopf an Kopf hinter den Decks und ich suchte nach Worten und rang mit den Tränen: „I saw pieces of my childhood and my deepest inner self. Unbelievable what we can do with music...“

Diese Art der Erlebnisse hatte ich bisher nur mit Traxx, Tiny, Spunky & wenigen mehr. Eine Fahrt ohne Grenzen und frei von Vorurteilen hinein ins Ungewisse und hinaus ins neue Leben jenseits der alltäglichen Wahrnehmungen und Leidlichkeiten.
Und am 16. Dezembers 2006 wird ein weiterer Meilenstein gepflanzt und zwar genau hier vor deinen Füßen, geneigter Leser, der du es bis in die Tille geschafft hast und offen für das Unbekannte bist. Für Musik, die Traxx inzwischen solo und mit Freunden wie James T Cotton, Deecoy, Legowelt vorwiegend analog! produziert, und diese auch weltweit erfolgreich über Labels wie Creme Org., Gigolo und Relief vertreibt (siehe auch DJ Charts ganz hinten im Heft).

Unter der Website kode.org hast Du ebenfalls die Gelegenheit, Traxx im Mix zu hören. Abschließend bleibt dem zugegeben sehr „vertraxxten“ Autor nur, dick und fett hinzuschreiben, daß es all das wirklich gibt, und Dich ernsthaft aufzufordern: Pack die/den Liebsten auf die Chaussee und komm vorbei. Am Samstag, den 16.12. 2006 in der Distillery:
Traxx aus Chicago an den Decks & halb Dresden auf dem Floor...

...ready to beat the core!

http://www.kode.org
http://www.myspace.com/jakbeat
http://www.gigolo-records.de
http://www.audiofiction.net

Text: Mase


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