SA. 17.10.09 17 YEARS OLD - PART II

up: 17 jahre distillery und 20 jahre techno - we play tracks from start in 1989 to 1995
MIJK VAN DIJK (Microglobe, Berlin) DJ TANITH (www.tanith.org, Berlin) MARKUS WELBY (hoerfunk, Distillery, Melt!-Festival, Leipzig) DJ JOSH (Ex-Basis, Ex-City Trax, Leipzig) AFTERSHOW BY: DANIEL STEFANIK (Cocoon, Distillery, Leipzig) STEFFEN BENNEMANN (Holger) KLEINSCHMAGER AUDIO (Dreikommanull, rrygular, Mo's Ferry, Leipzig) LARS CHRISTIAN MüLLER (Distillery, mindcookies)
down: resident-mixup-lieblingsplatten-zirkus
ANDREAS ECKHARDT (Distillery, Leipzig) DAN DRASTIC (Moon Harbour, Hairy Claw, Leipzig) NIKOLAS STERNBERG (Dreikommanull, Leipzig) BIGALKE (45MOT, Distillery, Drec) CHRISTIAN FISCHER (Definition Records, Leipzig) FEENSTAUB (Nu:Trance, Distillery, Leipzig) SENCHA (Bass Plus) MENTELL (Dreikommanull, elipamanoke, Leipzig) STEPHAN VON WOLFFERSDORFF (Distillery, Where the Buffalo Roam, Leipzig) STEVE K (Distillery, Syntax, Leipzig)
visual:
AB 22 UHR ZEIGEN WIR "DISTILLERY - DER FILM" (1992 - 2002) [GROBKORN] (Media Artist, Distillery)

Start: 22:00 | add to Cal


17 Jahre Distillery - 20 Jahre Techno

17 Jahre sind eine lange Lebenszeit für einen Club. Wer sich einmal mit den Geburts- und v.a. den Todesanzeigen von nationalen und internationalen Clubs beschäftigt hat, weiß das. 20 Jahre Techno sind eine lange Zeit für ein vorübergehendes Phänomen, einen so genannten Trend oder eine Mode. Genau deshalb können wir heute konstatieren, dass alle, die davon ausgingen, dass es sich bei Techno um etwas solches handeln würde, falsch lagen.Sowohl Techno als auch die Distillery haben sich zu Institutionen entwickelt. Damit sind keine starren, unbeweglichen und schwerfälligen Gebilde gemeint, sondern sich stets in Entwicklung und Veränderung befindliche Schöpfungen. Diese Feststellung drängt geradewegs dazu, eine kleine Reise in die Vergangenheit zu unternehmen, die sich sicher nicht nur für alle lohnen wird, die vor 20 Jahren noch zu grün hinter den Ohren waren, um diese für den neuen Sound zu öffnen, sondern auch für jene, die damals sofort infiziert wurden vom neuen Virus namens Techno.

Als unbestrittene Vorreiter des Sounds gelten Kraftwerk aus Düsseldorf, die mit ihrem vierten, 1975 veröffentlichten Album "Autobahn" direkt in die US-amerikanischen Hitlisten einstiegen und von da an bis heute viele Künstler weltweit inspirieren. Es folgten u.a. Jean-Michel Jarres Erfolgsalbum "Oxygéne", sowie der Hit "I feel Love" den Giogio Moroder 1977 für Donna Summer produzierte.

Der Begriff Techno taucht in Europa erstmalig 1982 in einem Plattenladen unter dem Frankfurter Hauptbahnhof auf, wo Andreas Tomalla (alias Talla 2XLC) die Schallplatten mit elektronisch produzierter Musik in eine eigenständige Kategorie sortiert, die er als Techno bezeichnet. Dort finden sich Platten von Kraftwerk, Depeche Mode, von Künstlern aus den Bereichen EBM, New Wave, Industrial, aber auch Detroit Techno. Viele dieser Artists der ersten Stunde waren musikalische Science Fiction-Autoren – thematisch wie auch klanglich zeichneten sie Zukunftsvisionen vom post-industriellen und städtischen Zerfall, von emotionaler Kälte oder verarbeiteten ihre Ängste vor atomaren Katastrophen. Mit Hilfe moderner Technologie wiesen sie auf die Gefahren derselben hin.

In den 1980er Jahren erscheint ein neuer Sound auf der Bildfläche: House-Music, deren Ursprünge v.a. im Club "Warehouse" in Chicago, sowie in New York zu suchen sind.Die 80er sind voller wegweisender Höhepunkte für den jungen Techno-Sound: 1985 wird das Kultlabel Trax Records gegründet, Juan Atkins produziert unter dem Pseudonym Modell 500 die erste Technoplatte, die auch aus heutiger Sicht noch nach Techno klingt mit dem Namen "No UFOs", 1984 eröffnet Deutschlands erste Diskothek, die ausschließlich auf elektronische Musik spezialisiert ist in Frankfurt: Technoclub. Aus Acid House entwickelt sich Deep House, Steve "Silk" Hurley releast "Jack Your Body", Sven Väth produziert mit seinem Projekt OFF das Stück "Electrica Salsa", das zu einem Clubhit in Europa wird und der Berliner DJ und Produzent Westbam etabliert das Plattenmixen als Kunst, durch die aus verschiedenen Stücken ein Klangteppich ohne Übergänge und Unterbrechungen gewebt wird.

Noch Anfang der 1990er suchte man im bereits vielseitigen Techno-Sound vergebens nach all den Kategorien und Einteilungen, nach denen die Musik heutzutage sortiert wird. Es gab einen großen Dancefloor und die meist zwei DJs spielten sich über den Abend durch verschiedene Facetten der Techno-Musik. Mit der Loveparade und der Mayday tauchte ein neues Party-Konzept auf: Die Spielzeit jedes DJs wurde begrenzt, damit möglichst viele das Line-Up bereicherten. Techno wurde im Großformat zelebriert. Diese Veranstaltungen, sowie diverse Magazine und Fanzines führten zur Popularisierung und Kommerzialisierung von elektronischer Musik. Es entwickelte sich eine unglaubliche Stilvielfalt in Europa, die sich ständig ausdifferenzierte und weiterentwickelte - Techno war zu einer mächtigen Bewegung geworden. In den USA hingegen blieb die Szene im Untergrund und ihren klanglichen Wurzeln treu (Underground Resistance). Da der musikalische Erfolg in Europa größer war, siedelten einige Künstler hierher, Jeff Mills beispielsweise nach Berlin. Auch ein Kind der 90er Jahre ist Minimal Techno, den vor allem Robert Hood mit dem Album "Minimal Nation", Terrence Dixon mit seinem Label Utensil Records sowie der aus Oxfordshire/Ontario stammende Richie Hawtin prägten.

In Leipzig gab es Anfang der 90er Jahre noch keine Möglichkeit, Techno zu hören und zu feiern. Doch dann dachte sich eine Gruppe junger Menschen um Steffen Kache, die regelmäßig Marushas Liveradioshow Dancehall auf DT64 hörte und am Wochenende nach Berlin fuhr, um in Club wie Planet und Tresor Party machte: Das können wir auch. Man trieb eine eine alte leerstehende Brauerei auf, organisierte ein Notstromaggregat und los gings. Illegal wurde zweieinhalb Jahre ohne Mietvertrag und Gaststättenerlaubnis Techno gespielt und gefeiert. Keiner glaubte damals, dass diese Geschichte 17 Jahre und länger gehen würde.

Doch was man damals nicht glaubte, wird heute schon gefeiert: 17 Jahre Distillery und 20 Jahre Techno. Wir haben das zum Anlass genommen, Microglobe aka Mijk van Dijk einzuladen. Mijk van Dijk war dabei, als Techno erfunden wurde. Und er erfand Techno. In Berlin war er einer jener Protagonisten, die den Sound auf den Weg brachten - bereits Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre als Journalist, DJ und spektakulärer Live-Act. Mit DJ Tanith, den wir ihm auch heute Abend zur Seite stellen, und als "LoopZone" produzierte Mijk van Dijk einige der schnellsten und härtesten Techno-Tracks. Mit Cosmic Baby releaste er "Tranceformed From Beyond" für MFS-Records, die wohl erste sogenannte Trance/ Chillout-Compilation. Er wurde zum Pionier dieses neuen Sounds. Und während manche Techno als völlig unpolitische Partymusik empfanden, thematisierte Mijk van Dijk bereits in den Texten für sein erstes Album "Afreuropamericasiaustralica" Umweltschutz, globale Erwärmung, und die Ursachen von Spannungen zwischen Kulturen und Religionen. Als einer der Haupt-Acts des legendären Hamburger Labels Superstition schrieb er dessen letztes Kapitel, indem er 10 Jahre Back-Katalog in einen atemberaubenden Bastard-Pop-Techno-Mix bannte, "Decade", die letzte Superstition-Veröffentlichung 2003. Zur Zeit kollaboriert Mijk mit DJ Hell und ist Mitglied der Gigolo-Records-Crew.

DJ Tanith war zwischen 1990 und 1996 DER populärste deutsche Techno-DJ und als Headliner auf fast allen großen Raves von Mayday über Loveparade bis Nature One. Zudem war er der DJ der ersten Stunde im "Tresor", "Technostorm" und auf den "Tekknozid"-Parties. 1997 gründete er das Breakbeatlabel Timing Recordings. Bis heute ist er als DJ aktiv und beliebt.

Der lokale Support auf dem oberen Floor kommt von den Urgesteinen Markus Welby und Josh. Mit Sicherheit werden in dieser Viererkonstellation auf dem oberen Floor nicht nur an der Bar, sondern v.a. an den Turntables und live (im Falle von Mijk van Dijk) all die schönen alten musikalischen Geschichten aus der Zeit von 1989 bis 1995 ausgepackt. Nostalgische Freudentänze wären da nur eine logische Konsequenz.

Auf dem unteren Floor wird ein großer Distillery-Resident-MixUp-Lieblingsplatten-Zirkus stattfinden. Voraussichtlich 0 Uhr gibt es im Keller eine Auslosung von Zweierteams unter allen Residents der Distillery, die dann ihre Lieblingsplatten von früher bis in die Gegenwart kreisen lassen.

Wer endlich einmal mehr über die Geschichte der Distillery, ihre Anfänge und Lichtmomente wissen will, der kann von 22 bis 23 Uhr einen Film über den Club von 1992 bis 2002 im Club sehen. Auch die Dekoration und Videoanimationen werden an die Geschichte der Distillery erinnern.

Damit das Ende dieser besonderen Nacht möglichst lange hinausgezögert wird, mündet das Fest in einer Afterhour mit Daniel Stefanik, Steffen Bennemann, Lars-Christian Müller und Joern Kleinschmager.

http://www.mijkvandijk.de
http://www.myspace.com/mijk
http://www.tanith.org
http://www.markuswelby.de
http://www.myspace.com/djmarkuswelby
http://www.myspace.com/hoerfunkdistillery

Text: Maren Probst


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